Pressemitteilung

Suchen und Finden nach der gerechten Entscheidung in Dilemmata des Lebens

  • 18.07.2025

Die Suche nach dem Willen Gottes ist die Grundlage für die Entscheidung von Christinnen und Christen in Fragen eines moralischen Dilemmas. Dies betonte der griechisch-orthodoxe Erzpriester Radu Constantin Miron bei der Gedenkfeier für den im KZ Buchenwald ermordeten Pfarrers Paul Schneider auf dem Friedhof in Dickenschied. „Was darf ich tun, was kann ich tun, was soll ich tun? Das sind die Grundfragen unserer Moral und unseres Handelns. Und auch Paul und Margarete Schneider standen vor solchen Dilemmata und stellten sich diese Fragen, um dann das Richtige zu tun“, so der Theologe, der bis vor kurzem der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland war.

In seiner Predigt erinnerte er an den rumänischen Schriftsteller und Juristen Nicolae Steinhardt, der 1960 gegen seine Freunde und Kollegen aussagen sollte. Dessen Vater habe ihm gesagt, wenn er sich weigere, werde er schwere Tage haben, aber friedliche Nächte. Als Zeuge der Anklage werde er dagegen gute Tage haben, doch schreckliche Nächte. „Es ist die Wahl zwischen ruhigen Tagen und ruhigen Nächten. Die Bibel kennt viele solcher Dilemma-Geschichten. Sie spricht von Anfechtungen und Versuchungen“, betonte Radu Miron.

Gottvertrauen würde bei den Entscheidungen in solchen Situationen helfen, unterstrich der orthodoxe Theologe. „Christen wissen nicht besser, wie moralisch zu handeln ist. Christen sind Suchende und Hörende, nicht Besserwisser. Aber sie wissen besser um ihre Schwachheit. So auch Paul Schneider, der in seiner letzten Predigt Gott bat, ihm den Weg zu zeigen, den er gehen soll“, so der Erzpriester.

Steinhardt habe sich geweigert, auszusagen und sei ins Gefängnis gekommen. Erst 1980 sei er in ein Kloster aufgenommen wurden, seine Beerdigung sei zu einer großen Demonstration des Glaubens geworden. „Vieles verbindet ihn mit Paul Schneider, der in der Kathedralkirche in Nürnberg neben Steinhardt zu sehen ist. Ein evangelischer Christ in einer orthodoxen Kirche, das ist nicht alltäglich“, gab Radu Miron zu bedenken. Doch das würde sie alle verbinden, das Suchen und Finden nach der gerechten Entscheidung in den Dilemmata ihres Lebens, war er überzeugt. Und es sei das Vermächtnis all jener, die sich in moralischen Dilemmata einer Diktatur richtig entschieden hätten: „Wir sollten alles in unserer Macht Stehende tun, um eine Wiederkehr von solchen Zeiten zu verhindern.“

Seit 1965 gibt es diese Gedenkfeier auf dem Friedhof in Dickenschied an den Gräbern von Paul und Margarete Schneider. Auch in diesem Jahr waren wieder viele hierhergekommen, aus den Hunsrücker Gemeinden, aus der Ökumene. Auch der Superintendent des Kirchenkreises Simmern-Trarbach, Markus Risch, und seine Vorgänger Winfried Oberlinger und Horst Hörpel nahmen an der Feier teil, ebenso der Sohn des „Predigers von Buchenwald“, Adolf Schneider. Musikalisch umrahmt wurde die Feier traditionell vom Musikverein Dickenschied. „Es ist das Gedenken an einen Mann, der in dunkler Zeit Zeugnis abgelegt hat“, so der Dickenschieder Pfarrer Dietrich Benninghaus.

Auch in Weimar in der Gedenkstätte Buchenwald wurde an den „Prediger von Buchenwald“ erinnert. Hier betonte der Weimarer Pfarrer Peter Gümpel, dass Paul Schneider seinen Weg der inneren Überzeugung gegangen sei, einen Weg eines menschlichen Miteinanders inmitten der Unmenschlichkeit.

Paul Schneider, 1897 in Pferdsfeld geboren und seit 1934 Pfarrer in Dickenschied und Womrath, geriet nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten rasch in Auseinandersetzung mit den neuen Machthabern. Wiederholt wurde er verhaftet, weil er sich dem Machtanspruch des NS-Staates über alle Lebensbereiche widersetzte und seinem Glauben treu blieb. Im KZ Buchenwald sprach er auch aus der Zelle heraus den Mitgefangenen Trost und Gottes Wort zu, bis er ermordet wurde.