Düsseldorf. Anlässlich des Martinsfestes wird Dr. Thorsten Latzel, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, in seinem jährlichen Martinswort deutlich: Armut sei „eine Schande für unsere Gesellschaft“. Man müsse sie wortwörtlich „persönlich“ nehmen und dementsprechend reden und handeln. „Martin von Tours wusste, dass sein halber Mantel die Armut des Bettlers nicht beseitigt. Aber er hat sich von seiner Not berühren und verändern lassen.“
Armut entsteht auf vielfältige Weise und zum Teil unbeachtet, sei es in Form von Kinderarmut, Familienarmut oder Altersarmut. Statt diese Probleme effektiv anzugehen und sich von der Not berühren zu lassen, würden verzerrte Diskussionen über den Missbrauch von Sozialleistungen geführt, die in Wahrheit von notwendigen Maßnahmen ablenkten, so Thorsten Latzel.
„Armsein ist kein Schicksal, das sich nicht ändern ließe“
Armut sei ein klarer Auftrag an alle Christinnen und Christen, schreibt der Präses: „Das fängt dabei an, wie ich mit bedürftigen Menschen am Bahnhof oder in der Einkaufsstraße umgehe – wahrnehmen, nachfragen, etwas geben, sie als Menschen mit Würde behandeln. Jeder und jede von ihnen hat einen Namen, eine Geschichte, ein Gesicht. Das zeigt sich weiter darin, wie ich über Armut spreche. Arme sind keine Aussätzigen oder Aliens. Armsein ist kein Schicksal, das sich nicht ändern ließe oder mich nichts anginge.“
Persönliches Anrecht auf Teilhabe
Stattdessen sei es wichtig, Menschen dabei zu unterstützen, aus prekären Bedingungen herauszukommen. Dabei handle es sich, so Latzel, nicht um ein Almosen oder einen Gnadenakt, sondern darum, ein persönliches Anrecht auf Essen, Bildung, Wohnung, Kleidung und Teilhabe durchzusetzen: „Armut ist kein individuelles Versagen, sondern eine Schande für unsere Gesellschaft. Sie geht uns persönlich an, wie Martin von Tours.“
